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Wir warten vor dem Büro der Anwältin, sie kam gegen 8:30 Uhr. Sie war in der homogenen Umgebung dieser Stadt leicht auszumachen, wir können aber nicht lange Zeit auf der Bank sitzen bleiben. Niemand verhält sich wie wir. Wir benötigen eine Tarnung, wenn wir stundenlang das Büro beobachten wollen.

Diese Welt ist rasend, zumindest hier. Wesentlich für alles ist unmittelbare Bedürfnisbefriedigung. Kaum jemand lächelt, es sei denn, er oder sie hat soeben eine Nachricht auf das Endgerät bekommen. Auf diese Weise ist auch das Soziale ein Rohstoff, der unmittelbar konsumiert werden kann.

Wenn die Menschen vereinzelt durch die Stadt gehen, wirken alle außer den Jugendlichen müde, freudlos, abgekämpft und irgendwie leer. Auch die Stadt, trotz vieler Menschen, wirkt eigentümlich leer. Denn niemand möchte dort sein, wo er ist, sondern jeder und jede hetzt nur durch den einen Nicht-Ort hindurch zum nächsten Nicht-Ort, lauter Durchgänge, lauter Transitbereiche, ungemütlich, ohne Pflanzen, ohne Ästhetik, voller Müll und Lärm; die Erfordernis permanenter, sofortiger Bedürfnisbefriedigung sorgt für einen rasanten Takt aus Frustration und kurzfristiger Linderung, die aber nicht wirklich erfüllt. So ist ihr Tag ein ewiges Fallen und Steigen. Den Vordergrund der Dinge nehmen die Menschen hier als das Wahre; diesen Vordergrund aber gleichzeitig als ein Nichts, als einen Traum, als ein leichtes Schweben wahrzunehmen, haben sie nie gelernt. Sie nehmen den Schein als das Wahre, und sie verpassen mit dem Wahren auch gleichzeitig den schönen Schein als solchen.

Die Anwältin hat um 18:15 Uhr ihr Büro verlassen. Ava und ich sind Ihr unter hohem Risiko abwechselnd gefolgt. Wir haben sie in ein dreistöckiges Haus gehen sehen, an dessen Briefkasten ihr Namensschild angebracht ist.

Wir haben beschlossen, dass Ava sie gleich morgen in einem geeigneten Moment ansprechen wird. Schon allein das Schwarzfahren in der S-Bahn ist ein Risiko, dass wir nicht eingehen können.

Für die kurze Nacht gingen wir weit zu Fuß bis fast an den Schlachtensee. Der Wind ist aufgefrischt, es ist bitterkalt. An Ava geschmiegt wird mir klamm ums Herz. So verloren war ich seit Jahrzehnten nicht mehr, zuletzt in der Hand des IFM.

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